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Der zweibeinige menschliche Gang ist eine faszinierende Form der Fortbewegung – vielseitig,
variabel, robust, stabil und effizient. In den letzten 6 Millionen Jahren hat sich durch die
Evolution der heutige zweibeinige Gang herausgebildet. Basierend auf den gleichen biologischen
Baumaterialien wie bei anderen Landtieren, bildeten sich typische Strukturen heraus, wie zum
Beispiel das Skelett und dessen Gelenke, die Gewichtsverteilung entlang des Bewegungsapparats und
nicht zuletzt der biologische Antrieb, der Muskel. In einem komplexen Zusammenspiel zwischen einem
stark vernetzten Nervensystem und physikalischer Interaktion mit der Umwelt, zum Beispiel beim
Bodenkontakt, tragen alle Strukturen zur Fortbewegung bei. Ist dieses Zusammenspiel gestört sind
wesentliche Funktionen im evolutionären Sinne nicht erfüllbar. Das Resultat sind meist stark
eingeschränkte Aktivitäten im täglichen Leben.
Mit Modellierung und Simulation versuchen wir möglichst passgenaue Abbilder des biologischen
Systems Mensch am Computer zu erstellen. Mit Hilfe der Modellierung und Simulation ist es nun heute
möglich, ein besseres Verständnis einzelner Strukturen, aber auch des gesamten Bewegungssystems zu
erlangen. Dabei ist man aber noch lange nicht am Ziel. Zu komplex ist unser Muskelapparat. Um ein
besseres Verständnis über dessen Funktionsweise zu erlangen, werden derzeit einerseits isolierte
Skeletmuskelmodelle entwickelt, die bereits einen tiefen Detail- und Übereinstimmungsgrad mit dem
natürlichen Vorbild vorweisen, und andererseits Gesamt-Menschmodelle entwickelt, die in der Lage
sind, komplexe menschliche Abläufe, wie etwa den menschlichen Gang, zu simulieren. Um diesen
Simulationen das Laufen zu lernen, erfordert es, wie in der Natur auch, eine lange Phase des
Übens.
Innerhalb von SimTech wird durch interdisziplinäre Zusammenarbeit von Biologen, Mechaniker,
Informatiker, Bewegungswissenschaftler, Mathematiker, Physiker, Regelungstechniker und
Biomechaniker an Fragestellungen rund um den Bewegungsapparat geforscht. Einige Forschungsarbeiten
aus den Anwendungsbereichen Medizintechnik und Automobilergonomie stellen wir davon im Rahmen
dieses Vortrags vor. Außerdem versuchen wir Ihnen einen Einblick zu geben, wie interdisziplinäre
Forschung in diesem Gebiet über die Grundlagenforschung hinausgehen kann und werfen daher auch
einen Blick auf mögliche Nutzbarmachung der Forschung in diesem Bereich.
Die Referenten:
Dr. rer. nat. Dipl.-Phys. Syn Schmitt ist Junior-Professor am Institut für Sport- und
Bewegungswissenschaft der Universität Stuttgart, Abteilung für Modellierung und Simulation im
Sport.
Prof. Oliver Röhrle, leitet die Research Group on Continuum Biomechanics and Mechanobiology am
Institut für Mechanik (Bauwesen) der Universität Stuttgart.
Der Eintritt zur Veranstaltung ist frei.
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