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Material unter Laser-Beschuss

Die Laserablation, also das Abtragen von Material mit gepulster, sehr intensiver Laserstrahlung, hat in vielen Sparten der Materialbearbeitung einen festen Platz. So zum Beispiel beim Schweißen, Strukturieren, Markieren oder Bohren. Das Problem dabei: Ein Teil der winzig kleinen abgetragenen Teilchen beeinträchtigt die Materialoberfläche oder verstopft die Bohrlöcher. Im SFB 716 untersuchen Wissenschaftler der Universität Stuttgart, welche Prinzipien dabei im Spiel sind.

Wie sieht die Bohrung genau aus? Wie verändern unterschiedliche Wellenlängen die Lochgeometrie? Welchen Einfluss haben die Bestrahlungsdauer und das Laserprofil? Wie weit wire das Material außerhalb der Bohrung geschädigt und wie effektiv ist der eigentliche Prozess? Das sind nur einige der Fragen, die sich bei der Anwendung des Laserbohrens ergeben. Während das Institut für Strahlwerkzeuge (IFSW) der Uni Laserablation an realen Proben durchführt, studiert das Institut für Theoretische und Angewandte Physik (ITAP) die Ablation mit numerischen Simulationsmethoden, insbesondere der Molekulardynamik. Hierbei wird die Bahn eines jedes Atoms berechnet, die es im Kraftfeld seiner Nachbarn und gegebenenfalls unter äußeren Kräften durchläuft. Die Einkopplung der Laserenergie erfolgt über die Elektronen. Das Temperaturfeld der Elektronen wird über eine Wärmeleitungsgleichung modelliert, mit dem Laserstrahl als Quellterm. Über einen Elektron-Phonon-Kopplungsterm wird die Wärme von den Elektronen an das Gitter weitergeleitet.

Für die eigentliche Simulationen nutzt das Institut eine Erweiterung des selbst entwickelten Programms IMD (ITAP-Molekulardynamik), das in den Jahren 1997 und 1999 den Weltrekord für die größte Computersimulation einstellte. Es löst die newtonsche Bewegungsgleichung für das beschriebene Vielteilchensystem. Bei Experimenten zur Laserablation werden zunächst die äußeren Parameter, also Druck und Temperatur auf die gewünschten Werte (meist auf Raumtemperatur und Umgebungsdruck) eingestellt und die Laserparameter vorgegeben. Dabei setzt sich ein Laserpuls aus den drei Werten Pulsdauer, Energie und räumliche Intensitätsverteilung zusammen. Von besonderem Interesse sind dabei Ultrakurzzeit-Pulse mit einer Dauer von wenigen hundert Femtosekunden. Diese sind so kurz, dass der Wärme keine Zeit bleibt, sich von der Bohrung weg auszubreiten, und ermöglichen es daher, die Oberfläche außerhalb der bestrahlten Bereiche zu schonen.

Als Modellsystem entschieden sich die Forscher am ITAP für reines Aluminium. Es besitzt ein recht einfaches Phasendiagramm, so dass die Kristallstruktur beim Lasern erhalten bleibt. Zudem sind für die Simulation wichtige Parameter wie die Wärmeleitfähigkeit oder auch experimentell schwer zugängliche Größen wie die Elektron-Phonon Kopplung bei Aluminium über weite Temperaturbereiche bekannt.

Für nennenswerte Probengrößen braucht man allerdings sehr viele Atome. Im Beispiel rechnen die Wissenschaftler bei einer Oberfläche von eben mal 200 auf 200 Nanometern mit 200 Millionen Teilchen. Dass sich solche Rechnungen nicht auf einem herkömmlichen Arbeits-PC durchführen lassen, liegt auf der Hand – Rechenzeit und Speicherbedarf sind immens. Die Wissenschaftler griffen daher auf die Ressourcen am Höchstleistungsrechenzentrum (HLRS) der Uni zurück. Selbst das dortige Rechencluster, dessen Kapazität allerdings nur zu knapp einem Zehntel genutzt wurde, brauchte für die Berechnung rund 96 Stunden und erzeugte dabei pro Simulation eine Datenmenge von 4.000 Gigabyte. Das Ergebnis ist ein Datensatz, der das Geschehen innerhalb einer Realzeit von 160 Pikosekunden spiegelt. Wie sich die Teilchen in diesem Mini-Augenblick verhalten, lässt sich dann in einer achtsekündigen Videosequenz betrachten und auswerten.

Die Visualisierung solcher Datenmengen erfordert spezielle Programme, die für eine effiziente Auswertung gleichwohl auf jedem modernen Standard-PC lauffähig sind. Hierfür arbeiteten die Wissenschaftler vom ITAP eng mit Kollegen vom Visualisierungsinstitut der Uni (VISUS) zusammen.

Mit dem dort entwickelten Programm „Megamol“ lässt sich zum Beispiel das Bild einer Lasersimulation nach 40 Pikosekunden erstellen. Es zeigt, wie das Material an der Oberfläche regelrecht verdampft. Dadurch kommt es zu einem enormen Materialaustrieb. Auch im Inneren findet eine ganze Reihe an Phänomenen statt. So breitet sich eine Schockwelle mit rund sieben Kilometern pro Sekunde aus, und es lassen sich Versetzungsbewegungen und Schmelzfronten beobachten.

In der nun anstehenden Förderphase des Sonderforschungsbereichs sollen diese Proben weiter analysiert werden. Gefragt wird zum Beispiel, wie der durch den Matrialaustrieb entstandene Krater nach Ende der Simulation aussieht, wenn die Zimmertemperatur wieder erreicht ist. Auch die Auswirkung mehrerer Pulse hintereinander ist noch offen. Ebenso wollen die Wissenschaftler die Zusammensetzung der Gasphase genauer untersuchen. Diese besteht aus einem ganzen Teilchenschwarm in unterschiedlichsten Größen und Formen.


Teilprojekt B.5 | Institut für Chemische Verfahrenstechnik


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