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Beschreibung

Einfaches Beispiel eines adaptiven baumstructurierten kartesischen Gitters in 2D (rechts: zugehörige Baumstruktur der Gitterzellen auf allen Verfeinerungsebenen; rot: Mortonordering der Gitterzellen auf dem lokal feinsten Gitter).

Zur Ausweitung simulierbarer Gebietsgrößen und Zeitspannen sind adaptive Rechengitter eine sehr effiziente Methode, die die Anzahl der Datenpunkte und damit der Rechenoperationen auf einem realisierbaren Niveau hält. Verändert sich das Szenario über die simulierte Zeitspanne, so muss zusätzlich die lokale Auflösung dynamisch angepasst werden. Baumstrukturierte adaptive Gitter wie Oktalbäume haben gegenüber anderen Gittertypen, insbesondere unstrukturierten Gittern, den Vorteil, aufgrund der klar definierten Verfeinerungsstruktur mit minimalem Speicheraufwand auszukommen und gleichzeitig sehr effizient und lastbalanciert partitionierbar zu sein. Trotz der Strukturiertheit bieten sie beliebig lokale und dynamische Verfeinerungsmöglichkeiten. Die Schwierigkeit bei der Nutzung für bestehende Anwendungscodes liegt jedoch gerade in der speziellen Struktur und dem Wunsch, Effizienzgewinne voll auszuschöpfen. Im Idealfall folgt der Algorithmus des Simulationsprogrammes der Baumstruktur, was jedoch tiefgreifende und in der Regel nicht in akzeptabler Zeit realisierbare Veränderungen des gesamten Simulationscodes nach sich zieht. Viele Anwendungen stellen daher baumstrukturierte Gitter als unstrukturierte Gitter dar, speichern also alle Beziehungen zwischen Gitterknoten, -kanten, -flächen und -volumenelementen und verlieren damit einen großen Teil der durch die Strukturiertheit gegebenen Vorteile. Da auf heutigen und in noch höherem Maße noch auf zukünftigen Rechenarchitekturen Sparsamkeit im Speicherbedarf und -zugriff und eine gute Parallelisierbarkeit entscheidend sind für die Gesamteffizienz einer Software, müssen dringend Konzepte entwickelt werden, baumstrukturierte Gitter in effizientere Datenstrukturen umzusetzen, die es Anwendercodes trotzdem ermöglichen, die Daten anhand einfacher Iteratoren, also Schleifen über bestimmte Gitterelemente, zu durchlaufen. Um Cache-Hierarchien optimal auszunutzen, sollten die zugrunde liegenden Datenstrukturen außerdem eine hohe räumliche und zeitliche Lokalität der Datenzugriffe ermöglichen und diese auch im Falle adaptiver Verfeinerungen beibehalten. Ziel des Projekts ist die Entwicklung und Implementierung eines solchen Konzepts sowie die Anwendung auf Probleme aus dem SFB, die dringend auf eine Erweiterung der simulierbaren Gebietsgrößen und Zeitskalen angewiesen sind, um ausreichend genaue und aussagekräftige Simulationsergebnisse zu erhalten.

So werden in B.5 (Laserablation) und C.5 (makromolekularer Transport durch nanoskalige Poren) jeweils kontinuumsmechanische physikalische Hintergrundeffekte (Fluidströmung, Elektrokinetik, Temperaturgleichung im Zwei-Temperatur-Modell) auf derzeit regulären kartesischen Gittern mit Molekulardynamiksimulationen kombiniert. In beiden Fällen ist eine weitere räumliche und zeitliche Ausdehnung der Simulation erforderlich, um Verfälschungen der Ergebnisse durch unphysikalische Rand- oder Anfangsbedingungen zu eliminieren und repräsentativere Ergebnisse zu erhalten. Adaptive Gitter können hier effizient eingesetzt werden, da beim Transport von DNA durch eine Nanopore in Projekt C.5 oder bei der Laserablation in Projekt B.5 nur kleine Teilbereiche, in denen die eigentliche Wechselwirkung mit Partikeln oder Gebietsrändern stattfindet, mit hoher Genauigkeit zu rechnen sind. Auf diese Weise soll beispielsweise in C.5 eine Erweiterung des simulierbaren Gebietes von der Nanometerskala auf die Mikrometerskala erreicht werden. In Zusammenarbeit mit den jeweiligen Projektteams müssen neben dem oben erwähnten technischen Konzept für adaptive baumstrukturierte Gitter geeignete Diskretisierungstechniken für die jeweiligen Modelle auf adaptiven Gittern entwickelt, Gebietszerlegungs- und Lastbalancierungverfahren definiert sowie die Simulationsergebnisse durch Vergleich mit Simulationen auf regulären Gitter validiert werden.
    
In A.6 ist die Kopplung des Smoothed Particle Hydrodynamics Lösers für die Morphologieausbildung mit einem Lattice-Boltzmann Löser zur effizienteren Simulation der Fluidströmung in der Umgebung der Struktur vorgesehen, ein weiteres ideales Anwendungsgebiet des in D.8 entwickelten Codes. Weitere Anknüpfungspunkte bieten sich zu den Projekten A.8 (Agglomeration von Partikeln in turbulenter Strömung) und B8 (lasergetriebene ablative Expansionsvorgänge) an, in denen ebenfalls kontinuumsmechanische Methoden mit Partikelmethoden räumlich gekoppelt werden. In B.2 (innere Grenzflächen von Kupferbasislegierungen) ist eine Weiterentwicklung des bestehenden Modells molekularer Metall-Gitterstrukturen geplant, die eine substantielle Änderung der Molekülpositionen und auch der strukturellen Beziehungen der Moleküle untereinander erlaubt. Auch hier ist der Einsatz adaptiver Gitterstrukturen zur Repräsentation der Partikelpositionen zu evaluieren.

Die auf adaptiven Gitterstrukturen berechneten Ergebnisse erfordern anschließend eine Modifikation der Visualisierungsmethoden, da die Datenpunkte nun nicht mehr regulär im Raum verteilt liegen, sondern erst anhand ihrer Lage im Gitterbaum lokalisiert werden müssen. Die hier erforderlichen Arbeiten werden in Zusammenarbeit mit den Visualisierungsprojekten D.3 und D.5 durchgeführt.

Über den Sonderforschungsbereich hinaus ergeben sich aus den entwickelten Methoden und Softwarepaketen neue Möglichkeiten, auch andere Anwendungen auf vergleichsweise einfache Art von regulären auf adaptive Gitter umzustellen. Es existieren zwar zahlreiche Realisierungen von Schnittstellen für unstrukturierte Gitter, die auch zur Anbindung baumstrukturierter Gitter verwendbar sind, aber deren Sparpotential völlig zunichte machen. Eine leicht verwendbare Schnittstelle, die die Vorteile dieses Gittertyps wirklich nutzt, wäre daher ein echter Gewinn für eine Vielzahl von Anwendungen.