Prof. Siegried Schmauder
Auf der Spur von Rissen, Brüchen und Verschleiß
Was erforschen Sie in ihrer Arbeit als Wissenschaftler im SFB 716?
Im Rahmen meiner Forschung beschäftige mich mich unter anderem mit der Simulation von Schadensprozessen wie Risse, Brüche oder Verschleiß, insbesondere in Stahl und Leichtmetallen, Verbundwerkstoffen, Hartmetallen und Beschichtungen, aber auch mit Phänomenen vor dem Bruch. In unseren Arbeitsgruppen arbeiten wir mit mehrskaliger Modellierung, d.h. wir simulieren die Werkstoffe auf verschiedenen Skalen, angefangen bei der Betrachtung einzelner Elektronen über atomare Berechnungen bis hin zur Modellierung kompletter Bauteile.
Wozu braucht man Simulationen auf verschiedenen Skalen?
Die Betrachtung auf verschiedenen Längen- und Zeitskalen ermöglicht es uns, ein Material von Grund auf, also ganzheitlich zu erfassen. Simuliert man beispielsweise die Mikro- oder Nanostrukturen, können die Wechselbeziehung von Werkstoffgefüge und Materialeigenschaften im Detail untersucht werden. Auf größeren Skalen lassen sich dagegen spezielle Phänomene erklären, die beim Schädigungsverhalten eine Rolle spielen.
Was versprechen Sie sich von ihrer Forschung?
Durch unsere Modelle versuchen wir herauszufinden, wo die Ursachen der Rissbildung liegen, welche Beanspruchungen zu Schäden führen, welche mechanische Spannung auf einem Material lasten darf oder wie genau ein Riss verlaufen wird. Dieses Wissen ist die Basis für die Materialhersteller, auf der sie neue Materialien und Bauteile entwickeln, bestehende optimieren und diese hinsichtlich ihrer Sicherheit überprüfen.
Wer profitiert von Ihrer Arbeit?
Zu Schäden kann es vor allem in Materialien kommen, die starken Beanspruchungen unterliegen, z.B. hohen Temperaturen, Drücken und Reibungen. Aber auch an Grenzflächen, bei denen verschiedene Stoffe aufeinandertreffen, kommt es schnell zu Rissen und Brüchen. Ein wichtiges Thema ist dies in vielen technischen Bereichen, vor allem für Anwendungen in der Automobilindustrie, etwa bei der Herstellung von Karosserieblechen, in der Luft- und Raumfahrt, wenn es um Leichtbaueinrichtungen geht, in Kraftwerken, die auf belastbare Rohre angewiesen sind, aber auch bei verschiedensten Beschichtungen, wie wir sie auf Bauteilen der Mikroelektronik finden oder in der Medizintechnik, wenn es um künstliche Protesen geht, die teilweise in den Körper implantiert werden. Fortschritt in all diesen Bereichen ist ohne Simulationen heute kaum mehr vorstellbar.
Wo steht die Simulationsforschung heute?
Simulationen sind seit 30 Jahren ein Instrument der Materialforschung. Zuvor hat man vor allem empirische Forschung in Laboren durch Versuchsreihen und Tests gemacht, was viel Zeit und Geld gekostet hat. In den Anfängen hat man zunächst in der Größenordnung von 1000 Teilchen gerechnet. Heute werden in den Simulationen typischerweise mehrere Millionen bis mehrere Milliarden Teilchen berücksichtigt. Dennoch liegt die Herausforderung in der effizienten mathematischen Beschreibung aller wirkenden Kräfte, also der Physik hinter den Prozessen und Materialien. Damit stehen wir am Anfang eines Forschungsgebietes, welches in immer mehr Anwendungsbereiche hineinreicht und in der Zukunft sicherlich viele nützlichen Ergebnisse zeigen wird, wie beispielsweise neue Werkstoffe in der Technik oder in unserem Alltag.
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